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Von Gedächtnis und Bindung

Wir sind weder rein biologisch verstehbare Wesen noch sind wir reine Kulturwesen. Wir sind weder genetisch determiniert noch werden wir als unbeschriebenes Blatt, als Tabula rasa geboren. Die Forschung der letzten Jahre zeigt vielmehr, dass wir viel stärker durch das geprägt werden, was wir erleben, erlernen, abspeichern, als durch das, was uns die genetische Ausstattung mitgibt. Laut Eric Berne, dem Begründer der Transaktionsanalyse, nehmen folgende Faktoren Einfluss auf den Verlauf eines Lebens: biologisches Erbgut, äußere Einflüsse, autonome Entscheidungen sowie das Lebensskript, unser unbewusster Lebensentwurf bzw. Lebensplan. Unser unbewusster Lebensentwurf beinhaltet unsere inneren Bilder und Vorstellungen, unsere Erlebnisse und die Gefühle und Gedanken, die unsere Erfahrungen in uns hinterlassen haben.

Sicherlich gibt es im Kontext unserer genetischen Ausstattung schon einige Gedächtnis Einträge: Wer jedoch die Frage „Was ist der Mensch?“ (Ecce homo?) beantworten will, der muss unsere Gedächtnisfähigkeit verstehen, denn es ist das Gedächtnis, welches die Biologie mit der Kultur verknüpft, wenn man so will nature (Natur) mit nurture (Erfahrungen).

Der Mensch ist ein hochentwickeltes Lebewesen mit komplexen Bedürfnissen. „Unsere Erinnerungen eint nicht nur eine Akkumulation von Fakten und Schulwissen, nicht nur Datenpunkte auf unserer Lebenslinie oder Einzelheiten unserer Autobiographie. Sie sind viel mehr: Sie sind der Stoff, aus dem unser Selbst gestrickt ist, in dem unsere Erlebnisse und Erfahrungen ebenso verwoben sind wie unsere Gewohnheiten und Gefühle. Das Gedächtnis ist ein Meister im Spinnen, Weben und Vernetzen. Erst das Gedächtnis stattet uns mit einer individuellen Persönlichkeit und mit einer Ich-Perspektive aus und lässt uns dadurch zu kulturellen Wesen werden mit einer Identität in der Welt, in der wir leben. Anders gesagt: Wir Menschen sind unser Gedächtnis – und unser Gedächtnis sind wir“ (Korte 2019, Seite 15). Die Psychologin Stefanie Stahl, unterscheidet zwischen vier menschlichen Grundbedürfnissen:

1. Das Bedürfnis nach Bindung

2. Das Bedürfnis nach Autonomie und Sicherheit

3. Das Bedürfnis nach Lustbefriedigung,

4. Das Bedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Anerkennung.

Das Bedürfnis nach Bindung begleitet einen Menschen von seiner Geburt bis zu seinem Tod. Ein Säugling könnte ohne Bindung nicht überleben, sehr kleine Kinder „sterben, wenn man ihnen Körperkontakt verweigert“ (Stahl 2015, Seite 35). Unabhängig von der physischen Versorgung, zählt der Wunsch nach Bindung, Zugehörigkeit und Gemeinschaft zu den grundlegendsten Bedürfnissen des Menschen. In der Retrospektive ist Bindung auch ein wesentlicher Anker für das Gedächtnis und formt die Persönlichkeit, Biografie und den Lebensentwurf. 

 

Wird ein Kind in seinem Bindungsbedürfnis frustriert und enttäuscht, kann dies unterschiedliche Auswirkungen auf seine psychische Entwicklung nehmen. Die Folgen von Liebesentzug im Alter eines Neugeborenen und der Einfluss auf das spätere Leben sind Gegenstand der aktuellen pädagogischen und psychologischen Wissenschaft. Ein komplexes Zusammenspiel der Faktoren ist ausschlaggebend dafür, ob die Vernachlässigung zu einer leichteren Beeinträchtigung des Selbstwertgefühls führt, oder sich sogar eine schwerere Form der psychischen Störung abzeichnet (vgl. Stahl 2015, Seite 36). In den meisten Fällen ist allerdings die Bindungsfähigkeit des Kindes gestört, entweder meidet der spätere erwachsene Mensch engere Bindungen, oder er zerstört diese Bindungen in wiederholter Weise. Auch ein klammerndes Bindungsverhalten und die Tendenz, sich abhängig von einem Partner, einer Partnerin und sonstigen Menschen zu machen, folgt diesem Muster, das sich schon in der Kindheit begründet. Das Gedächtnis wiederum ist der Motor von Bindungserfahrungen und der Ankerpunkt aller pädagogischen Arbeit. 

Dimitry Borissov